
Mit dem Ziel, eine genetisch wertvolle Zuchtgruppe im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) aufzubauen, beherbergt Hellabrunn seit Juli 2025 einen neuen Przewalskipferd-Hengst aus dem Zoo Edinburgh. Gemeinsam mit zwei Stuten aus Ungarn und Deutschland soll er künftig einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung dieser stark gefährdeten Wildpferdeart leisten – ein konkretes Beispiel für die bedeutende Rolle moderner Zoos im internationalen Artenschutz.
Das Przewalski-Urwildpferd ist die letzte noch existierende echte Wildpferdart. In den 1960er-Jahren war sie durch Lebensraumverlust, Einkreuzungen mit Hauspferden und Wilderei beinahe ausgerottet. Nur dank koordinierter Zuchtprogramme in Zoos konnte die Art überleben – und heute sogar wieder in geeignete Lebensräume zurückkehren.
„Mit der Ankunft des neuen Hengstes übernehmen wir in Hellabrunn erneut Verantwortung für den Erhalt einer Tierart, die ohne die Unterstützung zoologischer Einrichtungen längst verschwunden wäre. Artenschutz gelingt nur durch die enge Zusammenarbeit von Zoos weltweit“, erklärt Tierparkdirektor Rasem Baban.
Auch wissenschaftliche Genauigkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle: „Die gezielte Auswahl einzelner Individuen ist für den Zuchterfolg unerlässlich. Nur so können wir eine stabile, genetisch vielfältige Population sichern, die langfristig überlebensfähig bleibt“, ergänzt Dr. Christine Gohl, leitende Tierärztin in Hellabrunn und sogenannter Veterinary Adviser im EEP für Przewalski-Pferde. Nach rund zehn Jahren ohne Hengst beherbergt Hellabrunn nun wieder ein männliches Tier – auf Empfehlung des EEP.
Bereits wenige Tage nach seiner Ankunft zeigten sich schon erste Deckversuche. Ob diese erfolgreich waren, wird sich jedoch erst in rund elf Monaten zeigen – so lange dauert die Tragzeit bei Przewalski-Pferden. „Unsere Hoffnungen ruhen nun auf Nachwuchs im Frühsommer 2026“, sagt Baban. „Ein Fohlen wäre nicht nur ein Gewinn für Hellabrunn, sondern ein wichtiger Beitrag zum gesamten Erhaltungszuchtprogramm.“
Darüber hinaus unterstützt Hellabrunn seit Anfang 2025 auch die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF), die gemeinsam mit Zoos und Nationalparks die Rückkehr der Przewalski-Pferde in ihre ursprüngliche Heimat in Kasachstan organisiert. Die Wiederansiedelung in der Steppe gilt als ökologischer Meilenstein, weil die Wildpferde das gesamte Ökosystem bereichern und die Grundlage für eine überlebensfähige Population schaffen. „Mit dem neuen Hengst möchten wir einen weiteren Grundstein für die Zukunft des Przewalski-Pferdes legen. Vielleicht können wir in einigen Jahren auch wieder Tiere aus Hellabrunn auswildern“, erklärt Artenschutzkurator Dr. Eric Diener. „Im Mittelpunkt steht jedoch zunächst der weitere Aufbau der Population – unter optimalen Bedingungen und in gut gemanagten Gruppen, wie sie in Zoos oder großen Beweidungsprojekten etwa im Tennenloher Forst, im Hanauer Campo Pond oder im ungarischen Hortobágy-Nationalpark bestehen.“
Przewalski-Pferde sind seit den 1930er-Jahren Teil des Hellabrunner Tierbestands. 2017 konnte mit Stute Naya zuletzt ein Tier aus München über den Zoo Prag in Kooperation mit dem Projekt „Return of the Wild Horses“ in der Mongolei ausgewildert werden.
Mit diesem Engagement unterstreicht der Tierpark Hellabrunn seine Rolle als aktiver Partner im internationalen Netzwerk des Artenschutzes. Moderne Zoos sind weit mehr als Orte der Tierhaltung: Sie sind Kompetenzzentren für Forschung, Erhaltungszucht und Bildungsarbeit – und leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zum Schutz global bedrohter Arten.